Die Schützen hatten St. Sebastianus zu ihrem Schutzpatron gewählt. Sie legten großen Wert auf ein enges und gutes Verhältnis zur Kirche.
In den ersten drei Jahrhunderten des Bestehens der Schützengilde – nämlich bis 1564 – gab es in Herzogenrath, d.h. links der Wurm, keine Kirche. Es wird 1225 eine Burgkapelle erwähnt, die aber zur Mutterkirche in Kerkrade gehörte. In Afden gab es eine Steinkirche, die bereits 1116 erwähnt wurde, möglicherweise aber noch viel älter war. Im Jahre 1423 wurde eine kleine Kirche, über die die Abtei Klosterrath Patronatsrecht ausübte, gebaut. Sie lag in Kleik, auf der heutigen Kleikstraße. Sie hieß „Auf der Hoven“ und wurde auch „St. Jons“ genannt, weil sie dem Heiligen Johannes geweiht war. Aber sie lag wie die Kirche in Afden auch rechts der Wurm, also nicht in Herzogenrath. Die Wurm bildete jahrhundertelang die Grenze zwischen Diözesen Köln und Lüttich.
Herzogenrath gehörte zur Pfarre St. Lambertus in Kirchrath. Dort stand eine große hölzerne Kirche, die 1280 abgebrannt sein soll und dann durch die Steinkirche ersetzt wurde. Diese Kirche – St. Lambertus in Kirchrath- war also die Kirche der Schützen. In dieser Kirche legten sie ihren Schützeneid auf St. Lambert als Patron dieser Kirche ab.
Nach den Statuen war es für jeden Schützen oberste Pflicht, an der Gottestracht teilzunehmen. Bei Gottestracht ist wohl in erster Linie an die Fronleichnamsprozession zu denken. Später ist unter Gottestracht die Kirmesprozession zu verstehen. Das galt wenigstens für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, da die Prozession erst im Hochsommer, z.B 1791 am 3. Juli, stattfand und dabei regelmäßig vom Prunktag und Prunkmontag (Kirmessonntag und Kirmesmontag) gesprochen wurde. Da Herzogenrath zur Pfarre St. Lambertus in Kirchrath gehörte nahmen die Schützen auch dort nach der Prozession mit Trommlern und Pfeiffern, mit Fahnen, mit ihrem silbernen Vogel sowie einem Bild des heiligen Sebastian teil. Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts trugen sie bei der Prozession auch ihre Rüstung. Auch das benachbarte Klosterrath wurde in Verbindung mit der Prozession von den Herzogenrather Schützen besucht. Den in den Rechnungen über dem Verzehr nach den Prozessionen, die bis 1945 erhalten waren, wurden beide Orte genannt. Die Rechnungen waren recht erheblich und enthielten Kosten für Mittagessen, Abendessen und Getränke. Es ist anzunehmen, dass die Herzogenrather Schützen auch nach Errichtung einer eigenen Pfarre noch eine Zeit lang an der Prozession in Kirchrath teilnahmen.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts legten die Schützen die bis hin vorgeschriebene Rüstung ab. Rechnungen aus den Jahren 1514, 1554 und 1562 belegten den Ankauf von Hüten und Mützen, die mit der leichteren Uniform anstatt der Helme zur Gottestracht getragen wurde.
Erst im Jahre 1564 wurde links der Wurm, also in Herzogenrath eine Kirche gebaut und Herzogenrath endlich selbständige Pfarre . Diese Kirche wurde die Kirche der Schützen. Jetzt nahmen sie an den Prozessionen ihrer Pfarre in Herzogenrath teil. Eine Statue des St. Sebastianus wurde in der Prozession mitgetragen. Durch Beschluss vom 21. Januar 1786 wurde die Teilnahme an der Prozession abgeschafft, aber Beschlüsse und Rechnungen aus den Jahren 1791 und 1804 lassen annehmen, daß die Schützen doch weiterhin an der Prozession teilnahmen. Erst das Reglement von 1818 bestätigte den Beschluss von 1786 und schaffte die Beteiligung an der Prozession endgültig ab. Die im Jahre 1564 erbaute recht einfache Kirche wurde mit der Zeit baufällig, und es entstand im Jahr 1780 ein Neubau. Zu Beginn des 20.Jahrhunderts war die Pfarrgemeinde so groß geworden, daß diese Kirche trotz der Entlastung durch die inzwischen in Straß gebaute Pfarrkirche St. Josef nicht mehr ausreichte. Daher entschloß sich der damalige Pfarrer Karl Joseph Koerdt zu einem großzügigen Neubau – zum Bau der jetzigen Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt, die am 6. Oktober 1915 konsekriert wurde.
Das Verhältnis der Schützen zur katholischen Kirche, zuerst zur Pfarre St. Lambertus in Kirchrath, ferner zur Abtei Rolduc und seit dem Jahre 1564 zu ihrer Pfarre Herzogenrath war, abgesehen von einigen Streitereien, immer gut. Die Pfarrherren galten als die Schützenkapläne der Gesellschaft. Es sind zwei geistliche Herren bekannt, die selbst Schützen waren, nämlich Pfarrer Melchior Trümpener, der – wie berichtet – 1669 Schützenkönig wurde, und der geistliche Rektor der Höheren Schule Herzogenrath, Herr Löcherbach, der 1909 zweiter Schützenmeister war.
Am Sebastianustag feierte man eine Festmesse in der Herzogenrather Pfarrkirche am Sebastianus–Altar. Dieser war für die Bruderschaft errichtet worden und stand in der Mitte der Kirche zwischen dem Kreuz–Altar (auf der Epistelseite) und dem Anna-Altar (auf der Evangelienseite). Am Tage nach St. Sebastian wurde – ebenfalls am Sebastianus–Altar – eine Seelenmesse für die im vergangenen Jahr gestorbenen Schützen gehalten. Diese beiden Messen, die auch heute noch am Sonntag der Generalversammlung für die verstorbenen und am Schützenfestsonntag für Die lebenden Mitglieder der Gesellschaft gefeiert werden, beruhen auf einer Stiftung vom 20. März 1702. Dieser Stiftung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Es bestand ein Rechtsstreit zwischen der Pfarre und den Schützen über einen Teil der Stadtgräben, der Pfarre, durch Urkunden bewiesen, von den Schützen früher einmal abgetreten worden war, und von dem die Schützen trotzdem behaupteten, er gehöre ihnen noch immer. Die Sache scheint für die Schützen nicht zum besten gestanden zu haben, denn am 18. Januar 1702 nahmen sie plötzlich Abstand von diesem Streit und schenkten am 20. März 1702 darüber hinaus der Pfarre noch eine Wiese alte Wurm. Das Grundstück die alte Wurm hatte seinen Namen von einem Nebenarm der Wurm. Die Pfarre verpflichtete sich als Gegenleistung, die beiden Schützenmessen zu lesen. Der Vertrag, der diese Stiftung fundierte, wurde unterschrieben von dem Klosterrather Abt J. Bock, dem Pfarrer P. Fabritius, den beiden Schützenmeistern Herpers und Cox sowie dem Schützenkönig Engels.
Im Jahre 1687 entbrannte ein harter Rechtsstreit zwischen den Schützen und dem damaligen Pfarrer Egidius Braumann. Der Grund war folgender: Nach dem Abschuß des Königsvogels zogen die Schützen mit ihrem neuen König, mit Fahne und Musikanten zuerst zur Pfarrkirche, wo das Tedeum gesungen wurde. Dann zogen sie um den Altar, legten ihre Opfergaben nieder, und der Pastor gab zum Schluß den Segen. Im Jahre 1687 aber hatte sich der Pfarrer „absentiert“, und die Schützen kamen vor die verschlossene Kirchentüre. Im selben Jahr ließ Pastor Braumann den Sebastianus-Altar, den Kreuz-Altar und den Anna-Altar abbrechen und den Kreuzaltar in der Mitte der Kirche vor dem Chor neu errichten. Nur den Stein des Sebastianus-Altars hatte er auf den Kreuz-Altar gelegt. Darüber hinaus wurde die Statue des St. Sebastianus – sie stammt aus den 17. Jahrhundert – Anfang Februar 1688 auf Anweisung des Pfarrers vor das Portal der Pfarrkirche gestellt. Die Schützen waren tief beleidigt. Sie nahmen die Statue mit und Brachten sie in ihr Schützenhaus, wo sie bis zum Jahre 1810 aufbewahrt wurde. Der Grund für dieses Verhalten des Pfarrers Braumann kann nicht allein der Umstand gewesen sein, daß die vom Königsschießen kommenden Schützen beim Besuch Des Gotteshauses im Vorjahr nicht mehr ganz nüchtern gewesen seien. Es müssen schwerwiegende, heute unbekannte, auch von den Schützen nicht aufgezeichnete Gründe vorlegen haben.
Die Schützen beschwerten sich jedenfalls höheren Orts und erwirkten am 9. Juni 1688 einen auf Pergament geschriebenen Befehl des Königs Karl II. von Spanien, der besagte, daß die Schützen bei ihrer Gewohnheit geschützt werden sollten. Sollte der Pfarrer damit nicht zufrieden sein, so sollte der Streit auf dem Prozeßwege entschieden werden. Pfarrer Braumann strengte diesen Prozeß an, der bis zum Rat von Brabant ging. Der Ausgang dieses Prozesses ist nicht bekannt; möglicherweise ist er auch gar nicht zu Ende geführt worden, weil Pfarrer Braumann bald darauf als Pfarrer abberufen wurde.
Die vor die Kirchentür gestellte Statue des St. Sebastian wurde bis 1810 im Schützenhaus aufbewahrt, danach war sie im Schützenlokal und später bei einzelnen Schützen untergebracht.
Am Schützenfestsonntag, dem 5. Juli 1987, wurde sie als Leihgabe an Burg Rode e.V. übergeben und auf der Burg aufgestellt. Am Schützenfestsonntag, dem 3. Juli 1994, kehrte sie nach 306 Jahren wieder in die Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt zurück. Bei strahlendem Sonnenschein brachten die Schützen, begleitet vom Harmonie-Verein Cäcilia und unter Anteilnahme der Bevölkerung, vom Kriegerdenkmal in der Kleinstraße kommend, die alte St. Sebastianus-Statue vor das Portal der Pfarrkirche, wo sie von dem Schützenkaplan Herrn Domkapitular Ewald Fuhren erwartet wurde. Während der folgenden festlichen Messe wurde die Statue im Chor neben dem Altar aufgestellt. In seiner Predigt gab Herr Domkapitular Fuhren seiner Freunde und seinem Dank Ausdruck über die Rückführung des heiligen Sebastianus in seine Pfarrkirche. Nach der Festmesse fand die Statue ihren Platz in einer Glasvitine nahe dem Eingang der Kirche.
Das Verhältnis der Gesellschaft zur Kirche ist im Laufe der Zeit ein anderes geworden. Sie ist nicht mehr in dem Maße kirchlich verpflichtet, wie sie es in frühesten Zeiten einmal war. Neben den Streitigkeiten haben sicher auch andere Dinge dazu beigetragen. So wurde 1818 die Beteiligung an der Prozession abgeschafft. Ebenfalls seit 1818 können rechtschaffene Bürger unterschiedlicher Religionen als Mitglieder aufgenommen werden. Es wurde die Bestimmung gestrichen, daß mindestens zwei Drittel der Mitglieder in dem zusammenhängenden Teil der Pfarre Herzogenrath wohnen mußten. Seit vielen Jahren jedoch ist das Verhältnis der St. Sebastiani Armbrustschützen-Gesellschaft Anno 1250 Herzogenrath zu ihrer Kirche St. Mariä Himmelfahrt ungetrübt. Diese ist sicher zu einem großen Teil des Verdienst unseres langjähriges Schützenkaplans Herrn Domkapitular Ewald Fuhren.